Lauftagebuch

Der Kopf ist müde, die Beine schwer

Drei Monate Vorbereitung auf den 20. Piepenbrock Marathon in Dresden liegen bereits hinter mir. Sklavisch habe ich meinen Trainingsplan befolgt und pflichtschuldig jede Einheit absolviert, die auf dem Programm stand. Intervalle, Tempodauerläufe, lange und sehr lange Läufe. Erstaunt stellte ich zuletzt fest, dass es nur noch zwei wirklich lange Läufe sind – dann wird der Trainingsumfang langsam zurückgefahren. Das bedeutet, dass ich mich jetzt in der entscheidenden Phase des Plans befinde, die Wochen mit den höchsten Umfängen und längsten Läufen. Das Schlimmste habe ich also hinter mir. Ein Mal nur noch 36 km!

Und doch fehlt mir das richtige Gefühl, das Kribbeln vor den langen Läufen zum Beispiel. Dieses ambivalente Gefühl zwischen leichter Furcht vor der Distanz und dem Reiz eines Aufbruchs ins Unbekannte. Gerade ist es nur verdammte Pflicht und der Reiz fehlt. Vor ungefähr vier Wochen war ich vielleicht erst fünf Kilometer unterwegs als mir der Gedanke durch den Kopf schoss, dass ich jetzt überhaupt keinen Bock hätte, noch weitere knapp 30 Kilometer zu laufen. Natürlich lief ich trotzdem weiter. Und das auch noch einigermaßen gut. An einem anderen Tag blieb ich nach 17 km einfach stehen. Einerseits musste ich mich orientieren, weil wir ein Wochenende in Thüringen verbrachten und ich nicht genau wusste, wo die angedachte Strecke verlief. Andererseits nahm ich es als willkommenen Anlass, für eine Pause. Mir fiel es unheimlich schwer, trotz der neuen Umgebung. Normalerweise beflügelt mich das. Und auch am letzten Sonntag blieb ich kurz nach der 30-km-Marke einfach stehen. Ich war müde, klar. Aber so müde auch nicht. Der Blick auf die Uhr zehn Minuten zuvor hatte mir den Stecker gezogen. Insgeheim hatte ich damit gerechnet, bereits mehr als 30 km geschafft zu haben. Dem war aber nicht so. 27 km erst. Ich hielt durch bis zur 30, dann war die Luft raus. Natürlich lief ich nach der Pause auch diesen Lauf zu Ende. Doch stelle ich fest, dass mir Insgesamt die Motivation schwerer fällt.

Ohnehin tue ich mich schwer, schwerer als im Frühjahr. Ich fühle mich müde im Kopf und damit einher geht mir die Motivation flöten. Die Gründe dafür? Vielschichtig: Die Elternzeit ist vorbei und anders als im Frühjahr gehe ich nun wieder meiner Arbeit nach, was mich beansprucht und mir die Zeit nimmt, mich so zu fokussieren wie auf Hamburg. Dann die Wärme. Der Sommer hat mich den letzten Nerv gekostet. Schaffte ich es nicht, meine Läufe in die frühen Morgenstunden zu legen, wurde es zu einer einzigen Farce. Die Pulsvorgaben des Plans: Makulatur! Zeitvorgaben der Intervalle: Unerreichbar. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich wohl während des gesamten Plans nicht ein Intervalltraining vollständig so absolviert wie es vorgegeben war. Mit abnehmenden Temperaturen wurde es besser. Und ja, der Plan ist ausgelegt auf 3:07 Std., also eine schnellere Zeit als ich sie laufen möchte. Dementsprechend sind auch die Intervalle schneller als notwendig. Dennoch! Ich mühe mich.

In der Vorbereitung auf Hamburg hatte ich mich top in Form gefühlt und darauf gehofft, dass es diesmal laufen würde, kein hartes Einbrechen und kein Schleppen über die letzten Kilometer. Vergeblich gehofft, wie sich später herausstellen sollte. Die Zweifel sind entsprechend größer diesmal. Und die Trainingseindrücke stimmen mich nicht zuversichtlicher.

Doch dann sind da die Läufe, die mich wieder befeuern. Der besagte lange Lauf, den ich schon nach fünf Kilometern abbrechen wollte und der sich zu einem flotten 34-km-Lauf entwickelte, das letzte harte Intervalltraining, der schnellste Kilometer, den ich je gelaufen bin. Getan habe ich auf jeden Fall alles, was möglich war. Und wer weiß, was in einem Monat herauskommt? Ein Marathon entscheidet sich schließlich auch erst auf den letzten Kilometern.

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